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Anna Frehse wechselt zum 1. FFC Turbine PotsdamBaujahr 1999, seit dem 6. Lebensjahr fußballverrückt, schießt beidfüßig („Aber besser mit rechts!“), U15-Westfalenauswahl, DFB-Stützpunkttraining und 2012/2013 zweimal in der Woche Training im Leistungszentrum von Hannover 96: Eine beileibe nicht vollständige Aufzählung, wie man sie bei einem überdurchschnittlich begabten Jugendfußballer als passend vermutet und anerkennend zur Kenntnis nimmt. Ein nicht gerade unerhebliches Detail darf an dieser Stelle allerdings nicht verschwiegen werden: Die Person mit dieser außergewöhnlichen Vita heißt Anna Frehse, kickte bislang in der bis auf sie ausnahmslos männlichen C-Jugend des SV Höxter

und sie ist der Stoff, aus dem der zukünftige Frauenfußball besteht. Ab dem 1. Juli ist Anna nun offizielle Spielerin bei der U15 des 1. FFC Turbine Potsdam; inklusive Schule, Internat und Aussicht auf eine fußballerische Profikarriere. „Ich werde alles versuchen, um dieses Ziel zu erreichen!“, konstatiert Anna; und zwar nicht verbissen, sondern mit leuchtenden Augen.

Fußball ist zwar die uneingeschränkte Nummer eins in Annas sportlichem Leben, aber dennoch ist sie eher eine Allround-Athletin; was wahrscheinlich - neben Begabung und Trainingseifer - für ihr außergewöhnliches fußballerisches Leistungsvermögen bereits mit 14 Jahren verantwortlich zeichnet. Als Leichtathletin wurde sie 2011 Ostwestfälische Hallenmeisterin über 800 Meter. Unter anderem spielte sie Tennis und tanzte mehrere Jahre. Bis zur vierten Gurtprüfung schärfte sie ihre Kenntnisse im Taekwondo, bis der Fußballkalender einfach zu voll wurde und Prioritäten gesetzt werden mussten. „Taekwondo hat viel Spaß gemacht, außerdem ist es prima für Schnelligkeit und Motorik. Ich bin dadurch um einiges fixer geworden!“, erklärt Anna grinsend.

Doch lange standen Annas fußballerische Entwicklungsmöglichkeiten mangels attraktiver und praktikabler Optionen in den Sternen. So war es wohl eine glückliche Fügung, als Anna im vergangenen Jahr Jürgen Holletzek auffiel, der sie kurzerhand zu Hannover 96 einlud, wo er das dortige Jugend-Leistungszentrum des Fußball-Bundesligisten leitet. Von November 2012 bis Juni dieses Jahres nahm Anna als einziges Mädchen zweimal in der Woche an den Lehrgängen der männlichen Junioren dort teil, und das mit durchschlagendem Erfolg. Jürgen Holletzek bescheinigte Anna bundesligataugliches Potenzial, anschließend standen Sichtungstrainings beim 1. FFC Frankfurt und 1. FFC Turbine Potsdam auf dem Plan.

Schnell kristallisierten sich die „Turbinen“ als erste Wahl heraus; das weltweit in dieser Form einzigartige „Potsdamer Modell“ bietet auch für Anna das beste Gesamtpaket: Die Sportschule Potsdam verantwortet derzeit mit 80 Lehrkräften, 30 Trainerinnen und Trainern, 30 Erzieherinnen und Erziehern die Ausbildung und Erziehung von 600 außergewöhnlich begabten Kindern und Jugendlichen in insgesamt elf Sportarten, davon leben 400 in dem integrierten Internat. Das dort praktizierte Gesamtschulkonzept ermöglicht - Hand in Hand mit dem jeweiligen Sport - alle Abschlüsse. „Dort wird extrem viel Wert auf die schulische Qualifikation gelegt, das war für uns ebenfalls ein wichtiges, wenn nicht sogar das entscheidende Argument.“, beschreibt Vater Ulrich Frehse die Entscheidungsfindung.

Am 24. Juli beginnt für Anna nun das Trainingslager der C-Jugend des 1. FFC Turbine Potsdam, am 5. August ist ihr erster Schultag dort. „Ich kanns eigentlich kaum erwarten und habe schon Packlisten geschrieben!“, so Anna voller Vorfreude. Obwohl die Wermutstropfen nicht von der Hand zu weisen sind: „Mama und Papa so lange nicht zu sehen, das wird schon schwer. Aber sie werden mich häufig am Wochenende besuchen und Ferien gibts ja auch noch!“

Annas zukünftige Mannschaft, die C1-Jugend der „Turbinen“, spielt übrigens in der Kreisliga Havelland mangels weiterer weiblicher Teams in dieser Altersgruppe auschließlich gegen Jungs-Mannschaften; und ist in der letzten Saison mit 10 Punkten Vorsprung und 81:12 Toren Meister geworden. Bayerische Verhältnisse also. Ab dem nächsten Jahr spielt Anna B-Jugend und somit in der Bundesliga.

Trotz aller guten Entwicklungsansätze, steigender Akzeptanz in der Bevölkerung und mittlerweile vieler ausverkaufter Stadien ist der Frauenfußball leider immer noch meilenweit von den exorbitanten Verdienstmöglichkeiten der Männer entfernt. Wenn die Profikarriere also nun klappt, aber zur wirtschaftlichen Existenz nicht reicht? „Dann studiere ich internationales Sportmanagement. Da hätte ich auch die Nähe zum Sport, außerdem schreibe und rede ich viel und gerne englisch“, beschreibt Anna in wenigen Worten lakonisch den Plan B. Halt einfach eine höchst beeindruckende junge Frau; und zwar bereits mit 14 Jahren.